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Neue Behandlungsmethode bei Inkontinenz 25.10.2019

Hannah Lohmann
Referentin Unternehmenskommunikation
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E-Mail
h.lohmann@evk-mettmann.de

Herr Dr. Stock, Sie sagten eingangs, dass fast die Hälfte aller Frauen im Laufe ihres Lebens zumindest phasenweise inkontinent sind und mitunter auch bleiben. Was sind denn Ursachen dafür?
Dr. med. Stock: Also zunächst einmal ist der Begriff Inkontinenz sehr generalistisch formuliert. Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen einer Belastungs- und einer Dranginkontinenz. Eine Belastungsinkontinenz kann beispielsweise nach einer Geburt auftreten – bedingt durch einen anatomischen Defekt. Naturgemäß sind die Frauen also dann eher jüngeren Alters. Hier bildet sich die Inkontinenz, also der nicht zu steuernde Verlust von Urin in der Zeit nach der Geburt auch oft wieder zurück. Nur wenn die Symptome des Urinverlustes z. B. beim Husten, Niesen oder Sport bestehen bleiben und die Betroffenen stören, werden wir medizinisch aktiv.

Medizinisch behandelt wird aber auch die andere Form der Inkontinenz?
Dr. med. Stock: Genau. Wir behandeln natürlich auch Frauen, die mit den belastenden Begleiterscheinungen der Dranginkontinenz zu kämpfen haben, arbeiten hier aber komplett anders als bei der Belastungsinkontinenz mit einem Nervengift, dem bekannten Botulinomtoxin, also Botox.

Und die Dranginkontinenz entsteht wodurch?
Dr. med. Stock: Die genaue Ursache ist nicht zu 100% medizinisch validiert, jedoch tritt die Dranginkontinenz im steigenden Lebensalter auf, so dass man von einem Hormonmangel oder einer Disbalance von Botenstoffen in der Blasenwand ausgeht. Ausgangspunkt sind die meist Wechseljahre, in denen der Körper in einen hormonellen Umbruch gerät.

Und wie äußern sich dann die Beschwerden?
Dr. med. Stock: Der meist formulierte Satz lautet „Ich kenne jede Toilette in der Stadt“. Die meisten Patientinnen kommen eben dann, wenn der Leidensdruck wächst, wenn die Lebensqualität durch den ständigen Harndrang eingeschränkt wird. Das Problem ist dabei auch, dass die Blase nur minimal gefüllt ist, der Harndrang aber trotzdem da ist oder gelegentlich eine komplette Blasenentleerung unkontrolliert stattfindet.  Einige Frauen kennen das Gefühl mitunter bei einer Blasenentzündung. Es kann zermürbend sein.Zuhause bekommt man den Alltag ja gut gemeistert, sobald man jedoch unterwegs ist, fühlen sich viele Betroffene unwohl und es soll ja nicht sein, dass diese Erkrankung dazu führt, dass sich die Patienten isolieren.

Melden sich denn viele Patientinnen oder ist die Scham immer noch groß?
Dr. med. Stock: Wir merken schon einen verstärkten Zuwachs an Patientinnen. Es ist gar nicht mal immer nur Scham, viele wissen einfach nicht, dass man die Dranginkontinenz auch gut behandeln kann. Viele meiner Patientinnen haben die Meinung „das gehört zum Älterwerden eben dazu“. Das mag auch so sein, man muss es aber nicht hinnehmen.

Sie sagen, Dranginkontinenz lässt sich gut behandeln?
Dr. med. Stock: Absolut. Es gibt verschiedene Behandlungssäulen, immer auch Abhängigkeit von der Patientin. Zum einen die lokalen Hormonbehandlungen mit Cremes und Salben als Basistherapie, dann die Medikation in Tablettenform, die den Harnreiz und die Blasenempfindlichkeit lindern soll und natürlich auch Physiotherapie und Elektrostimulationstherapie.

Neu ist aber jetzt auch die Behandlung mit Botox – für wen eignet sich diese Therapie?
Dr. med. Stock: Naja, ganz neu ist Botox natürlich nicht und bereits in anderen Bereichen im Einsatz, aber nun ist es auch in der Frauenheilkunde zugelassen. Und wir wenden das Botox dann an, wenn die anderen Therapien durchgeführt wurden, aber keine Wirkung gezeigt haben. Die Behandlung mit Botox ist nie das erste Mittel der Wahl und muss durch einen Experten mit entsprechender, ambulanter Ermächtigung durchgeführt werden.

Heißt gleichzeitig auch, dass der Eingriff ambulant durchgeführt wird?
Dr. med. Stock: Der Eingriff erfolgt ambulant, dennoch führen wir die sogenannte Blasenspiegelung unter Vollnarkose durch. In der Blasenwand werden dann an ca. 25 Stellen Botoxinjektionen gesetzt.

Und dann ist die Inkontinenz direkt verschwunden?
Dr. med. Stock: Das Botox, im übrigens hier stark verdünnt mit Kochsalzlösung angewendet, wirkt direkt, das heißt, es hemmt die Übertragung von Nervenimpulsen an die Blasenmuskulatur. Und die Wirkung hält dann zwischen sechs bis neun Monate an. Dann kann man die Therapie wiederholen.

Gibt es denn Nebenwirkungen der Behandlung?
Dr. med. Stock: Es kann durch die Injektionen Einblutungen in der Blase geben, daher ist die Behandlung bei Patientinnen, die Blutgerinnungsstörungen haben, nicht möglich. Darüber hinaus kann eine etwas zu hohe Dosierung des Nervengiftes zwischenzeitlich auch zu einer Blasenentleerungsstörung führen. Wichtig ist eben der richtig dosierte Einsatz der Therapie.

Da Sie nun über die Ermächtigung für Botoxinfiltrationen der Blase  verfügen, dürfen Sie diese Therapie anbieten. Wie können die Patientinnen sich an Sie wenden?
Dr. med. Stock: Wichtig ist, dass die Frauen eine Überweisung des niedergelassenen Gynäkologen, also ihres Frauenarztes mitbringen. Wir vereinbaren dann einen Termin in der Sprechstunde, führen die notwenigen Voruntersuchungen durch, z. B. eine Blasendruckmessung und vereinbaren dann den zeitnahen OP-Termin. Meine Mitarbeiterinnen aus dem Sekretariat geben gern über alles Notwendige Auskunft.


Vielen Dank für das Gespräch!