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Chefarzt Dr. Hofer zum Thema ZNA05.03.2019

Hannah Lohmann
Referentin Unternehmenskommunikation
Telefon
+49 (2104) 773 - 4901
E-Mail
h.lohmann@evk-mettmann.de

Es gibt aktuell beliebtere Arbeitsplätze als die Zentrale Notaufnahme (ZNA) eines Krankenhauses. Die Arbeit im Schichtdienst ist belastend, die Arbeitsdichte wird von Jahr zu Jahr höher und der Ruf in der Bevölkerung und in den Medien schien auch schon einmal besser zu sein.

„Krankenkassen warnen vor überfüllten Notaufnahmen“, „Patienten warten sechs Stunden in der Notaufnahme“, „Notaufnahme am Limit!“  sind nur einige von vielen Schlagzeilen aktueller Zeitungen.
Aber stimmt das? Steht es um unsere Notaufnahmen in Deutschland wirklich so schlecht? Sind die Notaufnahmen wirklich so unbeliebt in der Bevölkerung? Ein klares Nein. Das genaue Gegenteil scheint der Fall zu sein. Immer mehr Menschen kommen immer öfter in die rund um die Uhr geöffneten Notaufnahmen. Man könnte fast meinen, die Patienten lieben die Notaufnahme.

Besuchten in Deutschland im Jahr 2005 noch rund 13 Millionen Patienten eine Notaufnahme, so waren es zehn Jahre später, im Jahr 2015, schon fast doppelt so viele. Wir verzeichnen aktuell Steigerungsraten von fünf bis acht Prozent mehr Patienten pro Jahr in den Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser.
Im Jahr 2016 haben wir in unserer Notaufnahme im EVK Mettmann ca. 16.000 Patienten behandelt. Im Folgejahr waren es bereits 17.000 Patienten.

Aber woran liegt es, dass so viele Menschen in die ZNA kommen, wenn doch die Presse und der Ruf so schlecht sind?
Was ist die Notaufnahme: Patienten werden in Ihrer Not rund um die Uhr, an sieben Tagen die Woche, 24 Stunden täglich aufgenommen. Ob sie später ambulant wieder nach Hause entlassen werden können oder stationär im Krankenhaus bleiben klärt sich vor Ort. Zunächst einmal wird jeder ankommende Patient aufgenommen. Und dabei ist uns völlig egal, wer die Patienten sind und woher sie kommen. Es spielt für uns auch keine Rolle, ob die Patienten zu Fuß oder mit dem Notarzt zu uns kommen. Und es ist uns auch „egal“ welche Beschwerden sie haben. Für alle gilt: Wir nehmen sie auf, wir sprechen mit ihnen über die Beschwerden und wir helfen ihnen. 365 Tage, an jedem Tag im Jahr. 24h, rund um die Uhr. Wir schließen nie.

Ein Angebot, das man sonst kaum noch irgendwo findet.Und natürlich kommen dann nicht nur die Schwerverletzten, nicht nur die, die in akuter Not sind! An einem Freitagabend kam um 23.00 Uhr eine 50-jährige Frau mit Rückenschmerzen, die bereits seit zwei Wochen bestanden. Auf meine Frage, warum sie jetzt käme, antwortete sie mir, dass sie nur jetzt Zeit hätte, sich um sich selbst zu kümmern. Sie hätte drei Kinder und ihr Mann müsse meist Tag und Nacht arbeiten.

Aber wiegt die Not dieser Patientin weniger, als die von einem "echten Notfall"? Und was ist ein echter Notfall? Wir Mediziner haben natürlich eine genaue Vorstellung von einem Notfall. Wir wollen einen möglichst schwierigen Fall möglichst schnell und umfassend lösen. Das liegt in unserer Natur. Deshalb sind wir Notfallmediziner und Notfallpfleger geworden. Aber diese Fälle kommen zum Glück, Airbag und guter Vorsorge sei Dank, immer seltener in die Notaufnahme.

Der Patient, der sich entscheidet in die Notaufnahme zu gehen, empfindet sich immer als Notfall. Egal, ob die Diagnose ein geschwollener Mückenstich oder ein Herzinfarkt ist. Aber eben das zu erkennen, ob es sich um einen lebensgefährlichen und daher sofort zu behandelnden Herzinfarkt oder um eine leichtere Erkrankung oder Verletzung handelt, das ist unsere erste und eine unserer wichtigsten Aufgaben. Daher teilen wir die Patienten nach unserem ersten Kontakt mit ihnen in fünf Kategorien ein, von „sofortiger Behandlung“ bis zu „keine medizinische Dringlichkeit“. Und natürlich müssen die leichter erkrankten Patienten länger warten, als die mit bedrohlicheren Erkrankungen. Und natürlich kommt dann schon mal ein Patient früher dran, obwohl andere schon länger warten. Denn bei uns gilt nicht, wer zuerst kommt malt zuerst. Bei ins gilt: Notfälle gehen vor, Leben retten hat die höchste Priorität.

Die meisten Patienten verstehen auch, wenn das bedeuten kann, dass man Freitagabend um 23Uhr mit Rückenscherzen schon einmal 3 Stunden oder länger in der Notaufnahme verbringt. Denn jeder von uns ist froh, sich nicht hinten anstellen zu müssen, wenn er tatsächlich einmal richtig erkrankt ist, sondern dann sofort von einem interdisziplinären Behandlungsteam versorgt werden kann.


Dr. med. Oliver Hofer
Chefarzt Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin
Ärztlicher Leiter der Zentralen Notaufnahme